Auch wenn die Eintrittspreise in deutschen Stadien im europäischen Vergleich teilweise noch akzeptabel erscheinen mögen, kann dennoch in den letzten Jahren eine deutliche Steigerung des Preisniveaus beobachtet werden. Dies geht zum einen auf einen kontinuierlichen Anstieg der durchschnittlichen Ticketpreise an sich, zum anderen aber auch auf eine zunehmende „Versitzplatzung“ der Stadien zurück.
Nachdem die Stehplatzpreise für das Derby gegen Schalke 04 am 19.09.10 die Grenze von 20 Euro erreichten, gründeten Dortmunder Fans spontan die Aktion „Kein Zwanni für nen Steher“, um gegen die als unangemessen empfundenen Preissteigerungen zu protestieren:
Bemängelt wurde insbesondere, dass die Vereine zunehmend teils erhebliche Topspiel-Zuschläge verlangen. Im konkreten Fall waren Stehplatzkarten für das Derby im Vergleich zur Vorsaison um 54% teurer geworden.
Einem Boykott-Aufruf folgten insgesamt 1.600 Borussen, die ihre bereits gekauften Auswärtskarten über den BVB zurückgaben. Und das bei einem Spiel, welches für jeden Schalker oder Dortmunder eines der Highlights des Fußballjahres ist.
Durch diese „Abstimmung mit den Füßen“ wurde eindrucksvoll bewiesen, dass der Konsument durchaus Mittel und Wege hat, um sich gegen als ungerecht empfundene Preise zu wehren. Entsprechend groß war dann auch das Interesse der Medien, die umfangreich über die Aktion berichteten.
Doch mit diesem symbolischen Erfolg wollten sich die Initiatoren nicht zufrieden geben. Bereits von Anfang an war „Kein Zwanni für nen Steher“ als bundesweite Initiative gegen überhöhte Eintrittspreise sehr gut geeignet, was durch die Solidaritätsbekundungen anderer Fanszenen noch verstärkt wurde.
Denn Beispiele für Topzuschläge, Kat. A, B, C- Spiele und ähnliches gibt es in Deutschland zur Genüge. So haben Bayern-Fans mit dem allgemeinen Problem zu kämpfen, dass fast jedes ihrer Auswärtsspiele als „Topspiel“ kategorisiert wird und sie überall erheblich zur Kasse gebeten werden. Und auch der ein oder andere Armine wird sich z.B. an das Auswärtsspiel 2009 in Paderborn erinnern, als der SC Paderborn kurzerhand rund 30% mehr als normal für eine Eintrittskarte verlangte. Der Trend wird einmal mehr „von oben nach unten“ im Ligensystem übernommen.
Ob die Preissteigerung im Ticketing dabei geeignet ist, die finanzielle Stabilität zu sichern, darf zumindest bezweifelt werden. Fließen doch ohnehin die meisten TV- und Investorengelder in die Kassen von englischen und spanischen Vereinen, die wiederum mehr als 95% in den eigenen Kader investieren. In Deutschland werden im Schnitt unter 70% des Etats für den Spielerkader ausgegeben, deutlich mehr als in England und Spanien wird an Nachwuchsleistungszentren, Infrastrukturen und andere nachhaltige Bereiche gedacht. Ein Ausgleich dieses (aktuellen?) sportlichen Nachteils im europäischen Wettbewerb ist über teure Eintrittspreise nicht zu erreichen, weshalb ein Vergleich der Preise in Europa auch nur bedingt als Argument standhalten kann.
Durch den Trend zu höheren Ticketpreisen wird es vor allem für Kinder und Jugendliche, aber auch sozial Schwächere zunehmend schwerer, sich den Stadionbesuch noch leisten zu können. Dabei geraten schnell die sozialen und gesellschaftlichen Ziele in den Hintergrund, denen sich alle Vereine verpflichtet haben.
In Bielefeld Preissenkungen und viele soziale Projekte
In den letzten Jahren wurden in Bielefeld entgegen dem bundesweiten Trend zweimal die Ticketpreise für Sitzplatzbereiche gesenkt, Stehplätze vor der aktuellen Saison jedoch leicht teurer.
Gleichzeitig stieg das Bewusstsein für Solidarität auch unter den Fans. Wurden vom DSC bereits desöfteren Ticketaktionen mit sozialem Hintergrund durchgeführt und Bielefelder Einrichtungen mit Spenden gefördert, kamen seit 2009 vermehrt Aktionen mit karitativem Zweck „von Fans für Fans“ auf.
So hat die Arminia-Gruppe „Der 12. Mann“, im sozialen Netzwerk XING entstanden, erfolgreich Spenden gesammelt, um Eintrittskarten für sozial Benachteiligte zu kaufen. In der Folge ging hieraus der Verein „WIR FÜR EUCH – Schwarz Weiß Blau e.V.“ hervor, der sich eine dauerhafte Fortführung der Aktion zum Ziel gesetzt hat.
Etwa zeitgleich versteigerte der christliche Fanclub „Totale Offensive DSC“ gespendete Fanartikel und ermöglichte mit dem Erlös einer Gruppe von Kindern und Jugendlichen einen unvergesslichen Nachmittag inklusive Stadionbesuch.
Beim letzten Heimspiel der vergangenen Hinrunde organisierte die Lokal Crew bereits zum zweiten mal eine Sammlung von Trinkbechern, deren Pfanderlös ebenfalls zum Kauf von Eintrittskarten für Kinder verwendet wird.
Der Fanclub „Arminiafans Berlin“ sammelte in der Hauptstadt Gelder, mit denen Dauerkarten im Block N2 erworben wurden. Diese Karten haben sie dem Fanprojekt zur Verfügung gestellt, damit über diesen Weg jungen Fans ein Stadionbesuch ermöglicht werden kann.
All diese Beispiele sind absolut lobenswerte Aktionen, die deutlich belegen, dass zumindest die Fans sich der sozialen Verantwortung des Fußballs bewusst sind und Benachteiligungen weitestmöglich auszugleichen versuchen. Ein angemessenes Preisniveau für die Fans aller Gesellschaftsschichten und aller Altersklassen können aber nur die Vereine selbst gestalten.
Durch kreative Initiativen wie „Kein Zwanni für nen Steher“ können diese an ihre soziale Verantwortung erinnert werden. Und auch daran, dass nur durch eine möglichst breite Fanbasis die hohe Attraktivität der Bundesliga und damit stabile Einnahmen erhalten werden können.