In den vergangenen Tagen ist Bewegung in eine schon lange kontrovers diskutierte Frage gekommen: Ist es sinnvoll, ganze Fangruppen von Spielen auszuschließen, wenn einzelne Fans sich falsch verhalten haben? Wie kann erreicht werden, dass noch weniger Fans sich im Stadion so verhalten, dass anschließend Strafen ausgesprochen werden müssen? Und wie können diejenigen gestärkt werden, die sich im Stadion so verhalten, dass sie dem Verein und anderen Fans keinen Schaden verursachen?
Diese Fragen beschäftigen auch uns im ASC schon einige Zeit, nicht nur in Bielefeld, sondern ebenfalls in der bundesweiten Diskussion. Nun möchten wir nicht nur unsere eigenen Gedanken berücksichtigen, sondern gern von Euch wissen, was Ihr für Ideen habt, wie eine reelle Verbesserung möglich werden könnte. Was denkt Ihr – mit welchen Maßnahmen ließen sich Konflikte vermeiden? Schreibt sie uns an fans@arminia-supporters.de – wir freuen uns auf jeden konstruktiven Beitrag!
Einige Hintergrundinformationen:
(Auszug aus dem kommenden Supporter 27)
Unsere Kurve hat über die AG Fanbelange des DFB einen Sitz in der „Task Force Sicherheit“, die sich entsprechend ihrer Aufgaben auch mit dem Thema Sanktionen befassen wird. Nicht nur als Mitglied von Unsere Kurve sondern vor allem im Interesse aller ASC-Mitglieder liegt es uns am Herzen, möglichst in eine Richtung einwirken zu können, die fanfreundlich und „verursachergerecht“ ist – dass also nach Möglichkeit niemand für das Fehlverhalten anderer bestraft wird, der selbst nicht beteiligt ist bzw. selbst keinen reellen Einfluss darauf hat. Nichts anderes passiert jedoch bei kollektiven Fanausschlüssen, die alle Fans eines Vereins über einen Kamm scheren und Tausende in Mithaftung nehmen für das Fehlverhalten von beispielsweise nur einem „Werfer“.
Für alle Fans fairere und wirksamere Wege und Möglichkeiten in die neu angestoßene Diskussion einbringen zu können, ist daher eine Chance, die wir nicht ungenutzt verstreichen lassen wollen. Zumal schon vor dem Umdenken im DFB auch von uns kritisiert wurde, wie Vereine und Fans teilweise bestraft werden, wenn es auf den Tribünen zu Vorfällen kommt.
Dabei geht es auf zwei verschiedenen Ebenen darum, die Maßnahmen gerechter, nachvollziehbarer und vor allem eben wirksamer zu gestalten. Zum Einen auf Verbandsebene, wo es mitunter willkürlich erscheint, dass vergleichbare Vorfälle sehr unterschiedlich scharfe Strafen nach sich ziehen können, zum Anderen auf Vereinsebene, wo konträre Sichtweisen und mitunter aus unterschiedlichen Positionen nicht nachvollziehbares Vorgehen schnell zu Konflikten untereinander führen können.
Bei den ausgesprochenen Verbandsstrafen dieser Saison ist generell eine Staffelung nach der Ligazugehörigkeit gegeben (ungefähre Richtung: 3. Liga: 1.000- 5.000 €; 2. Liga: 3.000- 10.000 €; 1. Liga: 4.000- 20.000 €) und auch das jeweils geahndete „unsportliche Verhalten der Anhänger“ wird meist ähnlich behandelt. So wird das Abbrennen von Bengalischem Feuer sofort mit höheren Geldstrafen belegt, wenn entweder Knallkörper oder Rauch dazu gezündet werden oder wenn etwas geworfen wird (speziell in Richtung von anderen Blöcken oder Menschen im Innenraum), geworfene Gegenstände werden ohnehin scharf sanktioniert, mitunter schärfer als das Abbrennen von Pyrotechnik. Besonders hohe Strafen wurden regelmäßig ausgesprochen, wenn Zuschauer aus dem Block in den Innenraum oder angrenzende Blöcke liefen, wenn diffamierende/ rassistische Banner oder Gesänge sanktioniert wurden, etwas in Zuschauerbereiche oder in Richtung von Menschen im Innenraum geworfen wurde oder wenn es durch das Fanverhalten zu Verzögerungen beim Anpfiff bzw. zu Spielunterbrechungen kam. Sieht man sich die in dieser Saison ausgesprochenen Strafen und ihre Begründungen einmal genauer an, kann man erkennen, dass weitgehend ähnliche Strafen bei vergleichbaren Begründungen ausgesprochen wurden – was in der (öffentlichen) Wahrnehmung jedoch hängenbleibt, sind die vieldiskutierten Höchststrafen und auffällige Abweichungen von dem als „normal“ empfundenen Strafmaß und damit ein Gefühl der Willkür und Unberechenbarkeit. Einige Beispiele, die Abweichungen verdeutlichen, sind hier kurz vorgestellt:
Geworfene Gegenstände:
Spricht der DFB für mehrere geworfene Gegenstände in Burghausen noch eine Strafe von 750 € aus, so erstaunt es im direkten Vergleich, wenn eine Kassenrolle auf St. Pauli zunächst mit einem Fan- Teilausschluss auf den Stehrängen und später mit 30.000 € Strafe geahndet wird. Die Kassenrolle hatte im Vergleich zu den Burghauser Gegenständen einen gegnerischen Spieler am Kopf getroffen, wenngleich in der Begründung Wert darauf gelegt wurde, dass sie nicht mit der Absicht geworfen wurde, jemanden zu treffen. Ob auch bei einem Feuerzeugwurf aus dem Offenbacher Fanblock keine Absicht dahinterstand, darf zumindest bezweifelt werden – dieses traf einen gegnerischen Spieler ebenfalls am Kopf und wurde zusammen mit weiteren Vorfällen bei insgesamt drei Spielen mit 7.000 € bestraft.
Eintracht Frankfurt musste 8.000 € zahlen, weil ein Feuerzeug in Richtung Ingolstädter Torwart geworfen wurde und diesen nur knapp verfehlte, zudem war in diesem Spiel Pyrotechnik gezündet worden; erneut Kickers Offenbach zahlte 8.000 € für mehrere in Richtung Schiedsrichterassistent geworfene Gegenstände, die dazu führten, dass die Partie für 10 Minuten unterbrochen werden musste – eine der höchsten Drittligastrafen dieser Saison.
Pyrotechnik:
Auch bei Pyrotechnik ist mitunter undurchsichtig, weshalb das Strafmaß so unterschiedlich ausfällt. Als Beispiel aus der dritten Liga wurde Chemnitz erst vor kurzem zu einer Geldstrafe von 2.000 € verurteilt, weil 2 pyrotechnische Gegenstände abgebrannt wurden, während Jahn Regensburg für das „Abbrennen pyrotechnischer Gegenstände“ mit 1.000 € lediglich die Hälfte zahlen musste.
Allerdings gibt es bei Pyrotechnik eine deutlich überwiegende Zahl an Strafen, die in Begründung und Strafmaß sehr ähnlich sind.
Insgesamt ist zwar erkennbar, welche Maßstäbe in der Regel angesetzt werden und bei welchen Vorfällen welche Strafen zu erwarten sind, jedoch verzerren besonders die in die Diskussion kommenden Ausnahmen die allgemeine Wahrnehmung. Gerade die zuletzt genutzten Kollektivstrafen „Geisterspiel“ und „Fanausschluss“ werden von vielen, die davon betroffen sind und keine Schuld an der Ursache tragen, als ungerecht empfunden, womit das Verständnis für den Verband und die Akzeptanz der Strafe schwindet – gleichzeitig war besonders in Dresden zu beobachten, dass Stimmen laut wurden, die resignieren und den Einsatz für weniger Vorfälle am Spieltag als sinnlos ansehen, da „der Verein ohnehin bestraft werde, sobald sich eine Gelegenheit ergibt“. Diesen Stimmungswandel hat auch der DFB wahrgenommen und möchte daher von dieser Art der Strafe wieder abrücken. Rainer Koch, Vizepräsident für Rechts- und Satzungsfragen beim DFB, rief in der letzten Märzwoche den gesamten Fußball dazu auf, neu nachzudenken, welche Maßnahmen besser geeignet wären und ihren Zweck sinnvoll erfüllen würden.
Hierzu rufen wir Euch alle nun ebenfalls auf: Welche Maßnahmen haltet Ihr für sinnvoll? Schreibt sie an fans@arminia-supporters.de oder sprecht uns im Stadion an!
Auf der anderen Seite steht die Diskussion auf Vereinsebene, die auch in Bielefeld oft nur am Rande geführt werden kann. In den Gesprächen zeigen sich die sehr unterschiedlichen Ansichten: welche Prioritäten zu setzen sind, was vertretbar ist und wie die eigenen Überzeugungen durchgesetzt werden sollten. Ob das nun der Einsatz für legale Pyroaktionen, das gewünschte Verständnis für einen in außerordentlich emotionaler Situation „passierten“ Bierbecher- oder Feuerzeugwurf ist; ob es die Förderung präventiver Arbeit oder das rigorose Durchgreifen gegen alles und jeden ist – dieses Thema ist inzwischen selbst so emotional und vielschichtig besetzt, dass eine große Diskussion auf Vereinsebene vermutlich mehr als ein ganzes Wochenende benötigen würde. Dabei wäre ein breiter, direkter Austausch wichtig, um innerhalb des Vereins auch untereinander mehr Verständnis zu entwickeln, besser nachvollziehen zu können, was für Gründe ausschlaggebend für die jeweiligen Standpunkte sind und vielleicht wirklich einen gemeinsamen Konsens finden zu können – selbst wenn das Thema nicht das ist, das derzeit für Arminia die ganz zentrale Rolle einnimmt.
Fakt ist, dass Arminia weder Geld für Feuerzeug- noch für Pyrostrafen hat, dass aber gerade dem Feuerzeugwerfer kaum bewusst ist, dass auch Arminia gezwungen sein könnte, die Strafe auf den Verursacher zu übertragen, sofern er bekannt ist. Für den Einzelnen kann dann auch die übliche Drittligastrafe empfindlich weh tun – die Erkenntnis kommt im Zweifel jedoch erst im Nachhinein.
Bisher wird nur von anderen Vereinen in den Zeitungen berichtet, die Strafen auf „Einzeltäter“ übertragen und so den verursachten Schaden zurückfordern. Das scheint mitunter weit weg: Hannover, München, Hamburg, Fürth oder Rostock sind nur einige Beispiele. Auch vor Gericht sind einige Urteile gesprochen worden, die bestätigt haben, dass die Vereine den entstandenen Schaden auf den einzelnen Verursacher übertragen dürfen, sobald er einwandfrei identifiziert ist. Es geht mindestens bundesweit inzwischen also nicht mehr „nur“ darum, dem eigenen Verein nicht zu schaden, sondern auch um eine persönliche Haftung für die Verbandsstrafe. Und auch, wenn Arminia eine solche Übertragung bisher nicht angewandt hat, sollte sich jeder darüber bewusst sein, dass ein im Ärger geworfener Becher mitunter sehr teuer werden kann.
Aber auch hier stellt sich darüber hinaus natürlich die Frage, was in Bielefeld gemacht werden kann oder gemacht werden sollte, um das Miteinander weiter zu verbessern, um der Verantwortung, die auch wir alle zur Vermeidung von Strafen bzw. den Vorfällen im Stadion tragen, gerecht zu werden und um das Bewußtsein zu stärken, dass wir in erster Linie alle dasselbe Ziel haben: nämlich Arminia zu unterstützen. Was habt Ihr für Kritik? Was fehlt Euch und was wäre für Euch sinnvoll, damit sich für Euch etwas verbessert?
Wir sind Euch dankbar für alle Hinweise, die dazu beitragen, dass sinnvolle Veränderungen angestoßen werden können! Schickt auch diese an fans@arminia-supporters.de, wir freuen uns auf Eure Email!